Kleiner Griffe-Guide für Einsteiger

Insbesondere für Einsteiger ist die Vielfalt an Griffen und ihre eigentümlichen Bezeichnungen oftmals ein Buch mit sieben Siegeln. Daher wird das Thema Griffe anfangs nicht selten vernachlässigt. Dabei hat der Griff entscheidenden Einfluss auf Faktoren wie die Treffpunkthöhe, die Schwungkurve, den Spinanteil, etc. Der Griff diktiert zu einem Großteil das Geschehen. In diesem Thread möchte ich versuchen, die wichtigsten Griffe kurz darzustellen. Ich möchte zeigen, wie man den Schläger umfassen muss, um zu einem bestimmten Griff zu gelangen und welche Vorzüge bzw. Einschränkungen mit den einzelnen Griffen verbunden sind.

Um die feinen Unterschiede zwischen den Griffen zu erkennen, schauen wir uns das Racket und unsere Hand zunächst einmal genauer an. Der Griff eines jeden Tennisschlägers besteht aus 8 Flächen (s. Bild). Diese nummerieren wir fortlaufend und im Uhrzeigersinn durch, wobei die oberste Fläche die „1“ bekommt.

Als nächstes betrachten wir unsere Hand. Es gibt zwei Referenzpunkte, die wir im Folgenden immer wieder bemühen werden: Den Zeigefingerknöchel und den Kleinfingerballen. Warum sind gerade diese zwei Punkte von Bedeutung?

Nun, stell dir einmal vor, du zeichnest eine Linie ausgehend von deinem Zeigefingerknöchel quer über deine Handfläche nach unten zum Kleinfingerballen. Diese Diagonale verbindet die zwei am weitesten voneinander entfernten Punkte deiner Hand und zeigt uns deshalb, wo sich der Großteil deiner Handfläche am Racket befindet. Um den Griff zu bestimmen, schauen wir uns im Folgenden einfach an, auf welcher Fläche des Tennisschlägers sich diese zwei Referenzpunkte befinden. Auf geht’s!

1. Kontinentalgriff


Zeigefingerknöchel und Kleinfingerballen befinden sich bei Rechtshändern auf Fläche 2, bei Linkshändern auf Fläche 8.
Der Kontinentalgriff eignet sich für Aufschläge, Überkopfbälle und Volleys. Auch beim Slice greifen viele Spieler auf ihn zurück, da er die Entstehung von Unterschnitt erleichtert. Für Vorhandschläge kommt er hingegen eher nicht in Frage, da die optimale Treffpunktzone sehr weit unten ist und Topspin mit ihm nur sehr schwer erzeugt werden kann. Das war in früheren Zeiten noch anders, als auf Profi-Level fast ausschließlich auf Rasen gespielt wurde und die meisten Bälle sehr tief genommen werden mussten. Der Kontinentalgriff empfiehlt sich aber, wenn man in der Vorhandecke weit nach außen getrieben wird und sich nur noch mit einem Squash-Schlag retten kann.

Daneben kann man den Kontinental auch als „Mittelgriff“ verwenden. Was ist damit gemeint? Angenommen, du spielst deine Vorhand mit einem Eastern-Vorhandgriff und deine (einhändige) Rückhand mit einem Eastern-Rückhandgriff. Dann empfiehlt es sich, das Racket in der Zeit zwischen zwei Grundschlägen mit einem Kontinentalgriff zu halten. Je nachdem auf welche Seite der Ball nun kommt, verschiebst du deine Hand am Racket entweder eine Fläche nach unten (um eine Vorhand zu spielen) oder nach oben (um eine Rückhand zu spielen). Das erspart dir ein größeres Umgreifen, sodass du schneller auf die Richtung des Balles reagieren kannst. Dieser Zeitvorteil ist besonders wichtig, wenn du offensives Grundlinientennis spielst und deine Vorbereitungszeit eher kürzer ausfällt.

2. Eastern-Vorhandgriff

Zeigefingerknöchel und Kleinfingerballen sind bei Rechtshändern auf Fläche 3, bei Linkshändern auf Fläche 7.

Die Handfläche und die Schlagfläche sind bei diesem Griff so direkt wie möglich aufeinander ausgerichtet. Oder anders ausgedrückt: Die Hand befindet sich genau hinter dem Schlägerschaft. Deshalb sind Treibschläge so einfach mit diesem Griff. Obwohl die Schwungkurve beim Eastern-Vorhandgriff flacher ist als bei den Westerngriffen, kann der Schwung leicht angepasst werden, um mehr Topspin auf den Ball zu bringen. Spieler, die den Eastern-Vorhandgriff verwenden, können sowohl aus dem offenen, halboffenen als auch aus dem neutralen Stand problemlos schlagen. All das macht ihn zu einem sehr flexiblen Griff.

Der Eastern-Vorhandgriff ist am besten für Treffpunkte im Bereich der Taille geeignet. Hohe Bälle sind hingegen schwerer zu händeln. Auf Profi-Level wird dieser Griff mit Spielern assoziiert, die einen aggressiven Spielstil haben. Leute wie Federer oder del Potro stehen nah an der Grundlinie und spielen viele Bälle im Steigen. Das heutige Tennis ist durch extremen Topspin und hohe Ballgeschwindigkeiten gekennzeichnet. Nur wenige Spieler verfügen über ein so konstant perfektes Timing, welches man zum frühen Treffen braucht. Das ist ein Grund, warum so viel mehr Nachwuchsspieler auf die extremen Griffe zurückgreifen. Für die meisten Freizeitspieler ist der Eastern-Vorhandgriff meiner Meinung nach besser geeignet als die Westerngriffe, da auf diesem Spielniveau bei weitem nicht so viel Topspin im Spiel ist wie bei den Profis und der Ballabsprung daher i. d. R. niedriger ausfällt.

3. Semi-Western-Vorhandgriff

Bei Rechtshändern befinden sich Zeigefingerknöchel und Kleinfingerballen auf Fläche 4, bei Linkshändern auf Fläche 6.

Im Unterschied zum Eastern-Vorhandgriff befinden sich die beiden Referenzpunkte der Hand nun nicht mehr hinter dem Schlägerschaft, sondern unter dem Schaft. Die Konsequenz: Wenn der Spieler durch die Treffpunktphase schwingt, bekommt der Schläger automatisch mehr Schub nach oben. Die Schwungkurve wird steiler und mehr Topspin wird möglich. Bälle auf Schulterhöhe lassen sich leicht händeln, für tiefe Bälle ist der Griff hingegen weniger geeignet. Bei beiden Westerngriffen muss der Oberkörper bis zum Erreichen des Treffpunkts stärker aufdrehen als beim Eastern-Vorhandgriff. Das liegt daran, dass die optimale Treffpunktzone weiter oben und weiter vorne liegt. Die stärkere Torsorotation hat auch Auswirkungen auf den Stand.

Spieler, die den Semi-Western-Vorhandgriff verwenden, spielen die Bälle zumeist aus dem offenen oder den halboffenen Stand. Schläge aus dem neutralen Stand sind für sie längst nicht so natürlich und angenehm wie für Spieler mit dem Easterngriff. Wenn Semi-Westernspieler mit dem linken Fuß den Schritt zum Ball machen, blockiert ihr Stand ab einem gewissen Punkt im Vorwärtsschwung die Torsorotation. Das vordere Bein hindert den Oberkörper daran, vollständig rumzukommen. Manchmal sieht man, wie sie ihren vorderen Fuß mitten im Schwung vom Boden wegdrehen und aus ihrer Sicht nach links bewegen, um die Torsorotation zu vervollständigen. Beim offenen Stand bestehen diese Probleme nicht. Der linke Fuß steht bereits so weit links, dass die Rotation des Oberkörpers nicht behindert wird.

4. Westerngriff

Knöchel und Ballen befinden sich bei Rechts- und Linkshändern auf Fläche 5.

Bei diesem Griff befindet sich die Hand noch weiter unter dem Schlägerschaft als beim Semi-Western. Daher ermöglicht er auch noch mehr Topspin. Die steile Schwungkurve und die Position der Hand am Schläger führen dazu, dass die Spieler extrem über den Ball drüberwischen können („Wiper“). Es ist fast unmöglich, den Schlagarm im Vorwärtsschwung nicht zu rotieren. Die unvermeidliche Armrotation bereitet Probleme, wenn man den Ball einmal flacher und mit viel Pace schlagen möchte. Auch tiefe Treffpunkte sind ungünstig. Das ist ein Grund dafür, warum sich Westernspieler bevorzugt hinter der Grundlinie aufhalten und die Bälle selten im Steigen spielen.

Mit beiden Westerngriffen ist es schwierig, den Ball bloß zu „schubsen“. Wer unter Druck dazu neigt, nur halbe Schwünge zu machen und den Ball übers Netz zu drücken, wird mit diesen Griffen keinen Spaß haben. Dafür sind die Westerngriffe nicht gemacht. Ein vollständiger Schwung und eine exzellente Körperrotation sind unverzichtbar, da man eine hohe Schlägerkopfgeschwindigkeit im Treffpunkt benötigt. Generell können wir festhalten: Je weiter sich die Hand unter dem Schläger befindet, umso besser kann man mit sehr hohen Bällen umgehen, umso größer ist die Schulterrotation bis zum Treffpunkt, umso weiter hinten stehen die Spieler tendenziell und umso weniger komfortabel ist der neutrale Stand.

5. Eastern-Rückhandgriff


Zeigefingerknöchel und Kleinfingerballen liegen bei Rechts- und Linkshändern auf der Griffoberseite.
Dies ist der klassische Griff für die einhändige Rückhand. Auch Kick-Aufschläge gelingen mit ihm. Roger Federer ist ein Vertreter des Eastern-Rückhandgriffs. Er passt sehr gut zu seinem Spiel. Federer steht nah an der Grundlinie und spielt viele Bälle im Aufsteigen. Manchmal sieht man sogar, wie er die Bälle vom Boden aufkratzt und fast schon Halbvolleys von der Grundlinie spielt.

Der Eastern-Rückhandgriff eignet sich gut für tiefe und mittelhohe Treffpunkte, ist jedoch nicht unbedingt prädestiniert, um Bälle auf Schulterhöhe oder darüber zu parieren. Es ist schwierig, diese Bälle zu kontrollieren und druckvoll zurückzuspielen. Oftmals muss man sich mit einem defensiven Slice behelfen. Das Umgreifen zum Kontinentalgriff ist jedoch nicht weiter problematisch.

6. Semi-Western-Rückhandgriff


Die Referenzpunkte der Hand sind bei Rechtshändern auf Fläche 8, bei Linkshändern auf Fläche 2.
Mit diesem Griff liegt die optimale Treffpunktzone im Vergleich zum Eastern-Rückhandgriff weiter vorne und weiter oben. Daher hat man bei hochabspringenden Bällen weniger Probleme. Auch für kleingewachsene Spieler kann dieser Griff sinnvoll sein, da diese Spieler wegen ihrer Größe die meiste Zeit mit hohen Bällen zu tun haben. Der extreme Griff hilft ihnen, diese Bälle gut zu händeln.

Der Semi-Western-Rückhandgriff ist identisch mit dem Semi-Western-Vorhandgriff. Man muss den Schläger nur umdrehen. Wer Vor- und Rückhand mit diesen beiden Griffen spielt, erspart sich das Umgreifen bei den Grundschlägen. Ich habe irgendwo mal gehört, dass Phillip Kohlschreiber dies wohl so macht. Allerdings kann ich es nicht aus sicherer Quelle bestätigen.

7. Beidhändiger Rückhandgriff

Die untere Hand umfasst den Schläger mit einem Kontinentalgriff,
die obere Hand mit einem Eastern-Vorhandgriff.

Für die beidhändige Rückhand gibt es viele mögliche Griffkombinationen, die alle ihre Daseinsberechtigung haben. Mein persönlicher Favorit ist in der obigen Grafik abgebildet: Hierbei umgreift die untere Hand das Racket mit einem Kontinentalgriff, während sich die obere Hand in der Eastern-Vorhandposition befindet. Dieser Griff ist sehr vielseitig und vereint Power und Kontrolle gleichermaßen. Es kann aber z. B. auch sinnvoll sein, für die untere Hand einen Eastern-Rückhandgriff zu wählen. Aufgrund der eingeschränkten Reichweite des Beidhänders kommt es manchmal vor, dass man die obere Hand vom Racket nehmen muss, um noch an den Ball zu kommen. Dann kann man mit diesem Griff immer noch einen passablen Einhänder spielen.

Gründe für das Erlernen einer beidhändigen Rückhand gibt es viele. Ein Vorteil besteht darin, dass sich hohe Bälle mit zwei Händen am Schläger leichter händeln lassen. Der Schlag lässt sich sehr verdeckt spielen und Returns sowie schnelle Bälle sind leichter zu kontrollieren. Hinzu kommt, dass man physisch nicht so stark sein muss, um viel Druck machen zu können. Ferner ist das Timing im Vergleich zum Einhänder etwas flexibler. Man kann immer noch einen halbwegs kontrollierten Schlag ausführen, wenn man etwas zu spät dran bist. Demgegenüber gibt es mindestens ebenso viele Argumente, die gegen den Beidhänder sprechen. Neben der bereits erwähnten Einschränkung in der Reichweite verfügen Beidhänder i. d. R. über nicht so viel Gefühl beim Slice und beim Volley. Wenn man tausende Bälle mit zwei Händen von der Grundlinie spielt, kann man schlichtweg nicht so viel Gefühl am Netz entwickeln wie ein Einhänder.

Variationen und individuelle Präferenzen

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass es für viele Spieler, die Probleme mit dem Tempo und / oder der Kontrolle in ihren Schlägen haben, ein lohnenswertes Experiment sein kann, einen Hybridgriff auszuprobieren. Wenn du dir Aufnahmen von den Profis anschaust, wirst du feststellen, dass sich ihr Zeigefingerknöchel nicht selten auf einer anderen Fläche befindet als ihr Kleinfingerballen. Manchmal liegt einer der beiden Referenzpunkte auch genau auf der Kante zwischen zwei Flächen. Solche vergleichsweise kleinen Variationen können sich im Schwung deutlich bemerkbar machen.

Ein Schüler erzählte mir neulich, dass er mit ihrem Eastern-Vorhandgriff Probleme hat, die Bälle im Feld zu halten. Mit einem reinen Semi-Western konnte er jedoch nicht genügend Schlägerkopfgeschwindigkeit im Treffpunkt entwickeln. Deshalb modifizierten wir seinen Griff etwas. Wir verschoben seinen Zeigefingerknöchel etwas nach unten, sodass er genau auf der Kante zwischen Fläche 3 und 4 lag. Seinen Kleinfingerballen ließen wir mittig auf Fläche 3. Mit diesem Griff konnte er auf Anhieb mehr Bälle ins Feld spielen als mit seinem alten.

Daneben sind weitere individuelle Variationen möglich. Einige Spieler spreizen ihre Finger am Griff lieber etwas weiter auseinander, andere lassen sie nah beisammen. Manche Spieler haben ihre Hand vollständig am Griff, andere lassen einen Teil der Hand weg vom Griff, etc. Du siehst: Es gibt viele Faktoren, die darüber entscheiden, wie sich deine Hand mit dem Schläger verbindet. Damit möchte ich dieses Tutorial beschließen. Ich hoffe, ich konnte etwas Systematik in dieses – zugegebenermaßen – komplexe Thema hineinbringen. Den „einen“ Griff gibt es nicht. Jeder Griff hat seine Vor- und Nachteile. Deshalb muss sich jeder sein eigenes Urteil bilden und die Griffe herausgreifen, die am besten zu seinen Spielanlagen passen.

Hier nochmal eine kurze Zusammenfassung:

Quelle: www.saitenforum.de//board/showthread.php?t=24460 ; www.swisstennis.ch/griffhaltung